Der Geräuschneutralisierer
Es war ein perfekter Spätnachmittag. Ich lag in meiner bunten Hängematte, ein kühles MacaKakaogetränk in der Hand, die Vögel zwitscherten sanft im Hintergrund und die Grillen zirpten bereits ihre unverkennbaren Laute von Palme zu Bananenblatt. Pure Idylle.
Natur pur.. Geräusche, die mein Gemüt zum Strahlen bringen.
Bis sie ansprang.
Die Klimaanlage von Frau Nachbarin.
Und das, obwohl sie mich da so in meinem Frieden wiegen sah.
Ein infernalisches Surren und Gedröhne, das direkt in mein Gehirn sägte. Ein Geräusch, das sich anfühlte, als würde eine Horde elektrischer Mücken eine Techno-Party in meinen Gehörgängen feiern.
„Wahnsinn, warum stört sie immer wieder meinen Frieden?!“, murmelte ich in mich hinein. Und wahrscheinlich dennoch für einen Außenstehenden hörbar. „Wir haben wunderbare 26,4 Grad Celsius, es weht ein laues Lüftchen – wer braucht da eine Klimaanlage!“
"Hm, vielleicht hat sie ja Hitzewellen", versuchte ich mir gerade noch so als urteilsfreie Ausrede einzureden.
Doch Respekt .. Vernunft oder was auch immer da noch an menschlich- rudimentären Anstand vorhanden sein könnte .. und gleichermaßen rücksichtsvolle Nachbarn sind oftmals zwei sich gegenseitig abstoßende Welten, die scheinbar selten zusammenpassen.
Scheinbar!
So klappte ich abermals meine Augen zu und versuchte mich weit weg von der Realität zu träumen:
Ich, der Daniel Düsentrieb der Neuzeit: Ganz klar, ich würde den Geräuschneutralisierer erfinden!
Ein Gerät, das alle unangenehmen Geräusche dieser Welt einfach verschluckt – jeglichen Baulärm, Autohupen, bellende Hunde um 3 Uhr morgens und natürlich die Klimaanlage von Frau Nachbarin.
Schnell sponn ich mir eine paar Handgriffe zurecht, um die Idee zu verwirklichen:
Drähte, Platinen, mysteriöse Bauteile aus alten Dingen– alles wurde zusammengepuzzelt. Nur mit meinen eigen Händen- natürlich- ohne die Hilfe irgendwelcher Maschinen.
Bis es plötzlich vor mir stand: mein Meisterwerk.
Der große Moment war gekommen. Mit einem feierlichen Klick drückte ich den Startknopf.
Stille.
Unglaubliche, göttliche, nie dagewesene Stille!
Keine Klimaanlage, kein Baulärm, nicht mal ein entferntes Vogelzwitschern. Nichts.
„Ich habe es geschafft!“, jubelte ich. „Ich bin ein Genie!“
Doch dann bemerkte ich etwas Beunruhigendes. Mein Mund bewegte sich – aber ich hörte kein Wort.
Ich rief laut „Hallo!“ – doch es blieb still.
Ich klatschte in die Hände – kein Geräusch.
Ich trat gegen einen Blumentopf – nichts.
Mir dämmerte langsam, dass ich die gesamte Welt auf lautlos geschaltet hatte.
Mit wachsendem Unbehagen schaute ich zu Frau Nachbarin. Sie telefonierte – doch ihr Mund bewegte sich wie in einem Stummfilm.
Am Straßenrand hielt ein Auto, der Fahrer hupte wie wild – doch es blieb still.
Ein Kind fiel hin, riss den Mund auf – vermutlich ein ohrenbetäubendes Geschrei – doch die Stille blieb.
„Oh. Oh nein.“
Langsam dämmerte mir die Tragweite meines „Erfolgs“. Ich hatte nicht nur störende Geräusche neutralisiert. Ich hatte ALLE Geräusche ausgelöscht.
In meiner Panik versuchte ich hektisch, den Geräuschneutralisierer auszuschalten. Doch der Knopf war verschwunden.
Ich begann wild auf das Gerät einzuschlagen, bis es schließlich mit einem PLOPP explodierte – und in genau diesem Moment brach das gesamte akustische Chaos, das ich unterdrückt hatte, gleichzeitig über mich herein:
Die Klimaanlage von Frau Nachbarin dröhnte wieder.
Die Autos hupten wie nie zuvor.
Ein Presslufthammer auf der Baustelle startete auf voller Lautstärke.
Und das Kind? Schrie so laut, dass vermutlich Fledermäuse in Japan zusammenzuckten.
Ich atme tief durch. Und bin wieder zurück im "Hier" und "Jetzt" ; gegenwärtig höre ich keine Kinder und auch kein Presslufthammer dröhnt, aber leider rattert die furchtbare Klimaanlage noch immer.
PS:
Ich liebe meine Ohren und zu was sie täglich zauberhaft im Stande sind.
Nur mag ich eben keinen Maschinenlärm, der mich aus meiner Ruhe bringt.
Doch irgendwann wird auch die schreckliche Maschine wieder ihre laute Klappe halten und dann wird das Meeresrauschen umso schöner in meinen Ohren klingen.
JA, auch wenn ich immer wieder versuche positiv nach vorne zu blicken, wünsche ich mir ab und an- an manch ungehörigen Tagen- solch Fähigkeiten, wie ein Herr Daniel Düsentrieb zu haben.
Nun, vielleicht liest diese kurze Geschichte ein genialer Erfinder- ein wahrer Daniel Düsentrieb- der mir meinen Geräuschneutralisierer bauen kann; so wünsche ich Viel Freude daran.
Du würdest mich mit diesem Spezial-Neutralisierer zum glücklichsten Menschlein auf Erden machen und ich verspreche dir, dass ich garantiert dein erster Käufer sein werde! Aber bitte: Das Ding sollte natürlich keine Geräusche von sich geben und auch in meine rechte Hosentasche passen, damit ich es überall mitnehmen kann!