Das Bildschirm - Gleichnis

Irgendwann im Jahr 2050.

In einer dunklen Kammer, tief unter der Erde, hocken Menschen seit ihrer Geburt vor riesigen Bildschirmen. Sie sind angekettet – nicht körperlich, sondern durch ihre Gewohnheiten, ihre Ängste und die scheinbar endlose Unterhaltung, die vor ihnen flimmert. Tag für Tag betrachten sie bunte Bilder, Nachrichten, Werbung, Influencer, Reality-Shows. Für sie ist das die Realität.

Eines Tages geschieht das Undenkbare: Ein junger Mann namens Lucianus verliert sein WLAN. Panik ergreift ihn. Kein Stream, keine News, kein Dopamin-Kick durch Likes und Shares. In seiner Verzweiflung wendet er den Blick ab – zum ersten Mal. Und da bemerkt er eine vergilbte Tür.

Neugierig steht er auf, stolpert hindurch und findet sich in einer völlig neuen Welt wieder. Frische Luft, Sonnenlicht, echtes Grün und Vogelgezwitscher.

Kein Filter. Kein Algorithmus. Nur die Realität.

Zuerst blendet ihn das Tageslicht, es tut fast weh. Doch nach einer Weile beginnt er zu erkennen: Die Welt ist viel größer, lebendiger, echter als das, was ihm die Bildschirme gezeigt hatten. Er sieht Menschen, die wirklich lachen, nicht nur Emojis. Er hört Stimmen ohne Autotune. Er riecht den Duft von Blumen, nicht nur die künstliche Simulation eines Parfüm-Werbespots.

Aufgeregt kehrt Lucianus zurück in die Kammer, um den anderen von seiner Entdeckung zu erzählen. Doch sie lachen ihn nur aus.

„Was für ein Querdenker!

Ohne WLAN gibt es kein Leben!“ Sie scrollen weiter, während er kopfschüttelnd nach draußen tritt – dorthin, wo das wahre Leben auf ihn wartet.

PS:

Natürlich war es Platon mit seinem Höhlengleichnis, der mir den Impuls für diese Geschichte gegeben hat.

Danke Herr Platon.

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